Was unterscheidet einen erfolgreichen von einem nicht-erfolgreichen Förderantrag? Wie bekomme ich heraus, welches Förderprogramm bestmöglich zu meinem Projekt passt – und wie viel Sinn macht es, eine ursprüngliche Projektidee zu modifizieren, damit sie den Anforderungen entspricht?
Aufbauend auf unserer Erfahrung in Zusammenarbeit mit unseren Partnern, haben wir zehn wichtige Tipps für erfolgreiche Förderanträge zusammengestellt. Wir freuen uns auf kritische Anmerkungen und Feedback, um die Liste zu ergänzen. Bevor wir zum ersten Tipp kommen, sei darauf hingewiesen, dass es sich um Förderanträge im medizinischen Bereich handelt. Für wirtschaftsnahe oder geisteswissenschaftliche Förderanträge sind die Tipps gegebenenfalls nicht ganz zutreffend, dennoch einen kritischen Blick wert.
1. Form
Es ist immer wieder erstaunlich, in welch liebloser Form Förderanträge manchmal eingereicht werden. Schlecht strukturiert, schlecht lesbar, unübersichtliche Quellenangaben, Verzicht auf Textabsätze und Wahl der kleinsten möglichen Schriftart, um so viel Text wie möglich im Antrag unterzubringen, deutlich erkennbare Stilbrüche, keine Bilder, – die Liste könnte an dieser Stelle noch deutlich länger sein. Für den Leser sind diese Anträge kein Vergnügen. Sie hinterlassen zumeist Ärger und überschatten den inhaltliche Gehalt des Antrags.
Man sollte daher von Anfang an unbedingt auf eine anständige Form achten, etwa auf eine einheitliche Gliederung oder Zitationsstil, die Auflockerung des Textes durch Absätze und „Topic-Sentences“, auf Zwischenüberschriften und Bilder sowie auf Kopf- und Fußzeilen. Denn das Auge liest mit – am besten ist es also, man sieht sich den eigenen Antrag vor Versand an Mitwirkende oder gar der finalen Abgabe nochmal vor dem Hintergrund der Frage an, ob man das, was man da einreichen will, auch selbst gerne in die Hand nehmen würde.
2. Immer mit dem Projektträger reden
In fast allen Programmen besteht die Möglichkeit, sich telefonisch mit dem Projektträger – also nicht dem Fördermittelgeber selbst (wie z.B. dem G-BA), sondern der den Antrag prüfenden und empfehlenden Instanz (wie z.B. dem DLR) oder gar dem zentralen internen Fördermittelbüro – in Verbindung zu setzen, in vielen Fällen ist sogar eine Präsentation des eigenen Vorhabens beim zuständigen Bearbeiter möglich. Diese Chance sollte man aus mehreren Gründen auf jeden Fall – und zwar möglichst frühzeitig – ergreifen. Denn erstens zeugt der persönliche Einsatz telefonisch oder vor Ort von Motivation, zweitens lässt sich die Begeisterung, die man für das eigene Projekt hegt, persönlich deutlich besser vermitteln als nur auf dem Papier – und drittens – und das dürfte wohl mit Abstand der wichtigste Grund sein – versteht man die Besonderheiten und Anforderungen eines Programms sowie die Förderintentionen des Mittelgebers im persönlichen Gespräch sehr viel genauer, als nur durch die Bekanntmachung. Die besten Hinweise erhält man in persönlichen Gesprächen.
3. Nach zuvor bereits finanzierten Projekten suchen (Best-Practices)
Manchmal ist man sich auch nach mehrmaligem, gründlichen Lesen der Bekanntmachung nicht wirklich sicher, ob das gefundene Programm zur eigenen Projektidee passt. In diesem Fall hilft es – neben dem vorgeschlagenen Gespräch beim Projektträger – auch ein im Vorfeld hierzu durchgeführtes Vorgängerprojekt ausfindig zu machen. Zuvor geförderte Projekte vervollständigen das Bild der Förderintention und bieten teilweise Informationen, die auf den Webseiten des Projektträgers nicht mehr vorhanden sind. Die Auseinandersetzung mit Inhalten und Zielen bereits zuvor geförderter Projekte kann einem einen guten Eindruck davon verschaffen, was mit dem Programm eigentlich bezweckt wird.
4. Risiken proaktiv reduzieren
In vielen Bekanntmachungen findet sich die Vorgabe, dass im Förderantrag auch Risiken dargestellt und bewertet werden sollen, z.B. auf Basis einer SWOT-Analyse oder auch als einfache Beschreibung potentieller Risiken. Ein Fehler, den man an dieser Stelle begehen kann, ist das Kleinreden oder Nicht-Erwähnen existierender Risiken aus Angst, dass ein Antrag bei größeren Unwägbarkeiten nicht mehr förderfähig sein könnte. Wer so vorgeht, verkennt die eigentliche Förderintention der meisten Mittelgeber, denn natürlich ist eine Förderung von Forschungsprojekten mit öffentlichen Mitteln überhaupt nur dann erforderlich, wenn größere technische oder wirtschaftliche Risiken bestehen; wäre das Projekt ein echter „Selbstläufer”, bräuchte es keine derartige Unterstützung.
5. Passendes Förderprogramm finden
Es ist das Ur-Problem der Fördermittelbeschaffung: Eine gute Projektidee wird hin- und hergebogen, um sie in Ermangelung eines geeignete an die Anforderungen eines im Grunde unpassenden Förderprogramms anzugleichen. Dieser Fehler sollte unbedingt vermieden werden. Eine derartige Modifizierung eines Antrages führt dazu, dass er am Ende alles andere als „aus einem Guss” ist. Projektideen sollten nicht in das Korsett eines unpassenden Förderprogramms gezwängt werden müssen. Diese Zeitinvestition sollte eher dafür genutzt werden, nach einem passenden Förderprogramm zu suchen. Gute Anhaltspunkte dafür sind Förderdatenbanken (z.B. vom BMWi). Diese verweisen auf hunderte von auf Bundes-, Landes- und Europaebene veröffentlichte Förderbekanntmachungen, die nach spezifischen Parametern wie etwa Art der Förderung, Fördergebiet oder Förderempfänger sortiert dargestellt werden können.
6. Einen verantwortlichen Autoren für die Finalversion bestimmen
Gerade Förderanträge für komplexe Projekte werden häufig im Team geschrieben – wir alle pflegen eine besondere Beziehung zu Markups bzw. der Überprüfungsfunktion. Hier ergeben sich bei der späteren Zusammenfügung der Texte oftmals Probleme, hat doch jeder Schreiber einen eigenen Schreibstil und eine eigene Wortwahl. Dies führt zu Stilbrüchen, die sich negativ auf die Lesbarkeit des Textes auswirken. Manchmal kommt es dabei auch zu Fehlern, die den Leser vermuten lassen, dass vor der Einreichung des Antrags niemand den Text in seiner Gesamtheit gelesen hat. Besonders auffällig ist etwa die wiederholte Erklärung von Abkürzungen und Fachbegriffen in verschiedenen Abschnitten des gleichen Textes. Auf die Aufrechterhaltung eines „roten Fadens” über mehrere Autoren ist enorm schwierig, aber fundamental wichtig. Für antragstellende Teams sehr zu empfehlen ist die digitale Zusammenarbeit (s. Punkt 9) und vor allem die Benennung eines „Hauptschreibers”, der die finale Verantwortung übernimmt und für den „roten Faden“ zuständig ist.
7. Visuelle Darstellungen
„Ein Bild mehr sagt als tausend Worte“, das gilt in besonderem Maße auch für Förderanträge. Ein Bild einer technischen Zeichnung, eines Ablaufdiagramms oder eines sonstigen Prozesses verdeutlicht das zu entwickelnde Konzept. Zudem unterstützen Auflistungen mit der Hilfe von Bulletpoints oder Aufzählungen die Lesbarkeit eines Antrages.
Gute Grafiken zu erstellen macht natürlich eine ganze Menge Arbeit – und gerade in Fällen, in denen man die Grafiken ausschließlich für den Förderantrag erstellt, stellt sich die Frage nach der Notwendigkeit. Unsere Erfahrung – auch im Hinblick auf das Feedback, das wir aus zahlreichen Anträgen erhalten haben – ist, dass es sich dennoch lohnt, diese Zeit zu investieren. Einerseits, weil man mit guten Grafiken die Verständlichkeit des Antrags und damit die Chancen auf eine Bewilligung erhöht, andererseits, weil man die Sachverhalte in Vorbereitung einer brauchbaren grafischen Darstellung selbst noch einmal gründlich durchdenken und strukturieren muss.
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8. Fachtermini immer erklären
Man muss nicht jede Abkürzung und jeden technischen Begriff erklären, den man in einem Antrag verwendet. Zum Beispiel ist der Begriff „IT“ als Abkürzung so banal, dass er nicht zwangsweise erläutert werden muss. Auf jeden Fall sollten Begriffe erklärt werden, die Fachfremde nicht kennen. Wird eine Erklärung an der falschen Stelle vergessen, steigt die Gefahr, dass der Antrag schwer verständlich wird. Überfrachtet man den Antrag dagegen mit Trivialerklärungen, verringert sich die Lesbarkeit.
9. Online zusammenarbeiten
Heutzutage ist es nicht mehr denkbar NICHT online zusammenzuarbeiten. Dennoch werden die allermeisten Förderanträge in „Geheimdienst-Manier“ in einzelnen Dateien gespeichert, die schnell für eine unübersichtliche Lage sorgen. Jeder kennt die Frage: „Was ist die aktuelle Version?“. Insbesondere weniger Digital-kompetente Teammitglieder kommen hier zwar an ihre Grenzen, profitieren dennoch stark von Lerneinheiten zu digitalen Tools. Zudem kommen unterschiedliche Datei-Formate und Computer-Anforderungen, die aus banalen „IT-Problemen“ schnell fundamentale „Deal-Breaker“ werden lassen. Um also bestmöglich einen Förderantrag zu schreiben, sollten online Collaboration-Tools wie Google Drive, MS Teams, Dropbox, Slack, etc. verwendet werden. So können Dateien leichter weitergeben, Aufgaben verteilt, Termine gefunden, Besprechungen dokumentiert und weitere Aufgaben delegiert werden.
10. Niemals vergessen: Es geht um Überzeugungsarbeit!
Ein Förderantrag ist weder eine wissenschaftliche Publikation noch eine umfassende Darstellung des letzten Stands der Wissenschaft. Er ist auch keine Werbe-Broschüre und erst recht kein Bettelbrief. Das Ziel bei der Antragstellung sollte es sein, jeden potentiellen Leser vom eigenen Projekt zu überzeugen. Um das zu erreichen, sollte ein guter Förderantrag an die Schreibweise eines guten Romans angelehnt sein oder „romanähnliche Qualitäten” besitzen: Er braucht einen Spannungsbogen (Problem –> Lösung), überzeugende Hauptdarsteller und vor allem einen roten Faden, der sich von der ersten bis zur letzten Seite des Antragspapiers zieht. Diese Kriterien führen am Ende des Tages zu einer packenden Geschichte, von der der Leser mehr erfahren will.
Referenz
Gemeinsam mit einem Team der Frauenklinik der Charité – Universitätsmedizin Berlin durften wir Anfang 2021 einen Projektantrag zur Versorgungsforschung beim Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) als Kooperationspartner einreichen. Ziel von Versorgungsforschungsprojekten ist ein Erkenntnisgewinn zur Verbesserung der bestehenden Versorgung. Natürlich sind Förderanträge mit geringen Chancen auf Zuschlag verbunden. Allerdings bieten Förderanträge auch stets eine passende Möglichkeit ein Projekt strukturiert weiterzuentwickeln und wertvolles Feedback einzuholen, intern als auch vom Fördermittelgeber.
Ziel des Projektantrages ist die Steigerung der Gesundheitskompetenz gynäkologischer Patientinnen durch eine digitale Informationsplattform. Diese soll – basierend auf der FHIR-Datenstruktur der Health Data Platform der Charité – eine Erkrankungs-spezifische Begleitung entlang des Patient Journey ermöglichen. Als Beratungs- und Umsetzungspartner freuen wir uns Teil der Initiative seien zu dürfen.